Über die Qualität eines Traineeprogramms entscheidet nicht zuletzt die Art der Betreuung. Ob Mentoren, Buddies oder wechselnde Ansprechpartner in den Fachabteilungen – die Modelle unterscheiden sich. Wichtig ist, dass der Arbeitgeber auf die Bedürfnisse der Trainees eingeht und ihre der Entwicklung im Unternehmen fördert.

Dass Technik- und IT-Absolventen ihre berufliche Laufbahn in einem Traineeprogramm starten, ist keine Ausnahme mehr. Immer mehr Arbeitgeber wollen nicht nur Wirtschaftswissenschaftlern, sondern auch Technik- und IT-Talenten bei ihrem Berufseinstieg einen Überblick über das gesamte Unternehmen verschaffen und sie gleichzeitig auf ihre spätere Zielposition vorbereiten. Dazu lassen sie ihre Trainees in aufwendig konzipierten Programmen mehrere Stationen durchlaufen.

Technischer Nachwuchs im Fokus

Technische Innovationen bestimmen heute immer mehr die Unternehmensstrategien, entsprechend rückt der technische Nachwuchs stärker in den Fokus. „Das entspricht unserem Kerngeschäft und auch den gegenwärtigen digitalen Herausforderungen des Marktes“, erklärt Peter Pirkner, Leiter des Bereichs Human Resources bei A1 Telekom Austria. Der größte Kommunikationsanbieter Österreichs bietet Hochschulabsolventen ein 24-monatiges Graduate Programm mit unterschiedlichen Profilen wie „Artificial Intelligence & Data Analytics“, „Digital Market & Products“ oder „Technology“ an. IT-Absolventen sollen sich in dem Programm zum Start ihrer Karriere in interdisziplinären Projektteams mit Zukunftsthemen auseinandersetzen. Dabei befasst sich etwa ein „Technology Graduate“ vor allem mit technischen Fragestellungen und soll aktuelle Themen und Problemstellungen in die Sprache der Technik transportieren.

Einen etwas anderen Weg geht Liebherr. Das Technik-Unternehmen bildet Absolventen mit technischen Abschluss und Wirtschaftswissenschaftler im selben Trainee-Programm aus. „Gerade hier sehen wir einen großen Mehrwert unserer Traineeprogramme. Die Trainees wechseln in regelmäßigen Abständen in eine neue Fachabteilung. Dies eröffnet den Berufseinsteigern aus technischen Studiengängen die Möglichkeit, auch in kaufmännischen Fachabteilungen zu arbeiten und so wirtschaftliche und unternehmerische Zusammenhänge besser zu verstehen“, erklärt Vanessa Egger, Personalreferentin im Liebherr-Werk Bischofshofen. „Umgekehrt gilt das auch für Absolventen kaufmännischer Studiengänge. Das aus diesen Erfahrungen gewonnene, übergreifende Verständnis hilft den Trainees auch auf ihrem weiteren Weg in unserem Unternehmen enorm.

Individuelle Betreuung

Unabhängig davon, ob die Traineeships einem eher generalistischen Ansatz folgen oder sich stärker an fachlichen Profilen orientieren: Wenn die Trainees bei ihren regelmäßigen Wechseln durch die Stationen und der verantwortungsvollen Projektarbeit nicht untergehen sollen, ist eine vertrauensvolle Begleitung nötig. Ideal ist, wenn dem Trainee eine erfahrene Führungskraft als Mentor zur Seite steht. In den einzelnen Stationen sollte es ebenfalls eine bestimmte Person geben, die für die Trainees verantwortlich ist und ihnen für ihre Fragen zur Verfügung steht.

In unserem Programm werden Graduates von ihrer direkten Führungskraft, von Themenmentoren – das sind Senior-Experten aus den entsprechenden Themenbereichen der einzelnen Profile – und von erfahrenen Graduates, die als Buddies fungieren, betreut. Und es begleiten sie natürlich ihre unmittelbaren Kolleginnen und Kollegen“, erläutert Peter Pirkner von A1. „Die Bereiche, in denen sie tätig sein werden, lernen sie gleich beim Onboarding kennen. Ein Tag in den Kundenbereichen Shop, Field Service und Support Line, der bei uns ‚Meet the Customer‘ heißt, gehört ebenfalls zur Einarbeitungsphase.

Auch bei Liebherr ist die Personalabteilung für die Betreuung der Trainees zuständig. „Insbesondere sind wir Ansprechpartner für organisatorische Belange, etwa wenn die Trainees Fragen zu einzelnen Zielabteilungen oder Anregungen haben. Wir organisieren auch regelmäßige Treffen der bestehenden und neuen Trainees“, so Vanessa Egger. Außerdem gibt es in jeder Abteilung einen Verantwortlichen für die Traineeprogramme, meist ist es der Abteilungs- oder ein Gruppenleiter. Dieser begleitet den Trainee in der Abteilung bei allen inhaltlichen und organisatorischen Fragen.

Regelmäßiges Feedback

Eine individuelle und persönliche Betreuung vermittelt den Trainees, dass das Traineeprogramm einen hohen Stellenwert hat und sie dem Unternehmen wichtig sind. Vor allem regelmäßige Feedback-Gespräche helfen nicht nur bei der Entscheidung über die weiteren Schritte, sondern fördern auch die fachliche und persönliche Weiterentwicklung. Ein fester, persönlicher Ansprechpartner hilft zudem bei möglichen Problemen, die während eines intensiven Programms immer auftreten können.

Ideal ist ein festgelegter Gesprächstermin in einem bestimmten Rhythmus. Denn informell angesetzte Gespräche rutschen im hektischen Projektalltag auch bei gutem Willen schnell mal aus dem Kalender. Beim Telekommunikationsanbieter A1 gibt es für die Trainees aus dem Graduate Programm neben regelmäßigen individuellen Mitarbeitergesprächen einen wöchentlichen „Graduate Jour fixe“ für alle Trainees. „Ein häufiges Thema ist etwa die Herausforderung, sich in der Abteilung und in Projekten auch als ‚Junior‘ Gehör zu verschaffen. Zuweilen geht es aber auch um die Projektarbeit oder Fragen des Zeitmanagements“, berichtet Pirkner. „Außerdem holen wir im Personalbereich von den Graduates Feedbacks zu den Trainings und zur Konzeption des Programms ein, um überprüfen zu können, ob die Organisation und die Inhalte passen“, so der Personalleiter weiter.

Die nächsten Schritte

Auch Liebherr setzt in seinem 18-monatigen Traineeprogramm auf laufende Feedbackgespräche mit den Ansprechpartnern der Fachabteilung. Zusätzlich findet vor einem Wechsel zur nächsten der insgesamt sechs Stationen jeweils ein Gespräch als Abschluss in der jeweiligen Fachabteilung statt. „Es ist uns ein großes Anliegen, dass die Trainees regelmäßig qualitatives Feedback erhalten und die Möglichkeit haben, selbst Rückmeldung zu geben“, betont Personalreferentin Egger.

Bei den Terminen sollen die Erfahrungen des Trainees in der Abteilung sowie seine persönlichen und fachlichen Stärken und Fähigkeiten besprochen werden. „Hier gilt es für beide Seiten – Trainee und Ansprechpartner aus der Fachabteilung – einzuschätzen, ob der Trainee für die jeweilige Abteilung geeignet ist beziehungsweise für welchen Unternehmensbereich er künftig geeignet sein könnte“, so Vanessa Egger. So kristallisiert sich bereits im Verlauf des Traineeprogramms häufig eine Richtung für die spätere Laufbahn heraus.

Hilfreich ist, wenn die Ansprechpartner der Trainees früher selbst ein Traineeprogramm durchlaufen haben. „Sie können sich besonders gut in die Rolle der Trainees hineinversetzen“, glaubt Egger. Um das bei allen Ansprechpartnern möglichst gut zu gewährleisten, werden sie beim Technikkonzern Liebherr vonseiten der Personalabteilung eingeführt und gemeinsam mit ihnen abteilungsspezifische Unterlagen wie Feedbackbögen ausgearbeitet. „Die Ansprechpartner tauschen sich auch untereinander aus. Zudem entwickeln wir die Programme kontinuierlich weiter, indem die Verantwortlichen aus den Abteilungen und die Trainees selbst einbeziehen“, erläutert die Personalreferentin.

Unterstützung durch Buddies

Bewährt haben sich auch Buddy- oder Patenmodelle. Hier werden Trainees von Kollegen begleitet, die selbst vor nicht allzu langer Zeit ein Traineeprogramm im Unternehmen absolviert haben. Sie können sich besonders gut in die Situation der neuen Trainees hineinversetzen und ihnen mit persönlichen Tipps weiterhelfen.

Bei A1 nehmen die Graduates im zweiten Jahr des Graduate Programms eine neue Rolle ein: Sie werden zu Buddies der neuen Graduates. Das neue Format führte das Unternehmen 2018 ein. HR-Leiter Pirkner: „Wir sind gespannt, wie dieses Modell funktioniert. Zum einen ist uns Wissenstransfer wichtig, zum anderen wollen wir die Graduates ‚empowern‘ und aktiv einbinden. Außerdem sind sie in der Rolle als Buddy noch glaubwürdiger als andere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, weil sie selbst einmal in der gleichen Situation waren. Die neuen Graduates haben deshalb bei ihnen weniger Scheu, vermeintlich naive Fragen zu stellen oder eventuelle Probleme anzusprechen.

Austausch unter den Trainees

Auch bei Liebherr unterstützen die Trainees, die sich bereits im Programm befinden, die neuen Trainees bei der Einarbeitung. In einem regelmäßigen Quartalsmeeting lernen die neuen die bestehenden Trainees kennen. „Unsere Trainees sind stets in regem Austausch untereinander. Durch das wöchentliche gemeinsame Mittagessen sind sie untereinander stets up to date über ihre Projekte“, beobachtet Vanessa Egger. „Wir haben auch eine Trainee-Seite im Intranet, auf der wichtige Informationen von den Trainees selbst gepflegt werden. Manchmal werden Projekte auch an den Trainee-Nachfolger übergeben“, berichtet die Personalerin. „An den Quartalsmeetings nehmen auch wir von der Personalabteilung teil und geben den Trainees die Möglichkeit zu einem direkten Feedback an uns.

Im Unternehmen bleiben?

Das zweite Jahr, in dem die Graduates von A1 selbst zu Buddies werden, bedeutet für sie noch in anderer Hinsicht eine Zäsur. In dem sogenannten Transitionjahr haben sie die Möglichkeit, das Graduate Programm zu verlassen und fest in einen Fachbereich zu wechseln, sofern sie ein entsprechendes Angebot bekommen. In dem Fall erhalten sie einen neuen, unbefristeten Vertrag im Unternehmen. Ansonsten bleiben sie als Graduate im Programm, lernen andere Bereiche kennen, arbeiten in Projekten mit und nehmen an weiteren Trainings teil. „Über die Übernahme und die Zielposition entscheiden wir natürlich bilateral: Im besten Fall hat der Graduate Interesse an einem Fachbereich, dieser möchte ihn übernehmen und hat schon eine entsprechende Stelle eingeplant“, sagt Peter Pirkner über das Verfahren.

Dass Trainees nach Ablauf des Programms im Unternehmen bleiben, ist fast immer Ziel des Arbeitgebers. Denn bei einem hochwertigen Traineeprogramm handelt es sich um ein Investment, von dem auch die Unternehmen anschließend profitieren wollen. Bei Liebherr erhalten die Trainees deshalb bereits nach drei Monaten einen unbefristeten Vertrag.

Netzwerk aufbauen

Und was sollten Trainees aus ihrem Programm mitnehmen? „Sie sollten sich ein umfangreiches Netzwerk mit vielen unterschiedlichen Kontakten aufbauen. Das ist im weiteren Berufsleben sehr hilfreich“, rät Vanessa Egger. „Dazu sollten sie sich ein gutes, prozessübergreifendes Denken angeeignet haben – also nicht nur in den Zusammenhängen der eigenen Abteilung und Ressourcen denken, sondern das gesamte Unternehmen im Auge haben.“ Das ist genau das, was ein Unternehmen mit einer guten Betreuung über alle Stationen hinweg vorgelebt haben sollte – und dann sollte der Weg dafür auch geebnet sein.

Text: Heinz Peter Krieger